Erbprinz Paul Friedrich August von Holstein-Oldenburg in Russland 1811-1816. Exil und Aufhebung der Leibeigenschaft in Estland
Erbprinz Paul Friedrich August (1783-1853) folgte während der französischen Annexion des Oldenburger Landes seinem Vater Herzog Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Oldenburg ins Exil nach Russland. Dort wirkte er im russischen Hauptquartier als Generalleutnant bis zur Verbannung Napoleons und kehrte nach einer Zwischenetappe beim Wiederaufbau des Herzogtums Oldenburg für weitere zwei Jahre nach Russland zurück. Zar Alexander I. berief ihn zum Generalgouverneur von Estland. Erbprinz August führte u.a. eine Agrarreform durch, die die Aufhebung der Leibeigenschaft estländischer Bauern zum Ziel hatte. Die erhaltene Korrespondenz und weitere Archivalien erlauben eine Rekonstruktion dieses Geschichtsabschnittes und ermöglichen einen Blick auf die Entwicklung der Persönlichkeit und des Wirkens von Paul Friedrich August, der dann von 1829 bis 1853 als Großherzog das Großherzogtum Oldenburg regierte.
Der Autor, Dr. Bernd Müller (72), Brigadegeneral a.D., arbeitet als promovierter Historiker in Oldenburg und nimmt Lehraufträge am Institut für Geschichte der Carl von Ossietzky Universität wahr.
Lehrjahre eines Großherzogs
Neues Buch über Paul Friedrich AugustDr. Bernd Müller hat ein weiteres Buch über eine Epoche aus der Geschichte des Hauses Oldenburg verfasst, zur Freude von Herzogin Caroline von Oldenburg und Professor Dr. Rudolf Holbach vom Oldenburger Landesverein (v.r.). Foto: Ruhsam
von Lars Ruhsam
Vieles ist bekannt über Erbprinz Paul Friedrich August, der 1829 seinem Vater Peter Friedrich Ludwig als Oldenburger Regent nachfolgte. Seine Jugend zum Beispiel, oder seine Zeit an der Spitze des Großherzogtums. Und dazwischen? 1811 ging er mit seinem Vater ins russische Exil, 1816 kehrte er nach Oldenburg zurück. Dieser Zeit im Zarenreich widmet sich ein neues Buch des Oldenburger Historikers Dr. Bernd Müller.
Für die Publikation Erbprinz Paul Friedrich August von Holstein-Oldenburg in Russland 1811-1816. Exil und Aufhebung der Leibeigenschaft in Estland wälzte Müller etliche Akten im Oldenburger Staatsarchiv. Da sie, wie zu dieser Zeit üblich, auf Französisch verfasst waren und offenbar einen Abschnitt behandelten, der bislang niemandes Interesse geweckt hatte, schließt die Arbeit des Brigadegenerals a.D., der erst nach seiner Pensionierung ein Geschichtsstudium nebst anschließender Promotion aufnahm, eine Lücke in der Forschung.
Für Paul Friedrich August ist die Zeit, die Bernd Müller beschreibt, eine Zeit der Reife und der Bewährung, die er als Chance begriffen und auch genutzt hat, sagt Professor Dr. Rudolf Holbach, Vorstandsmitglied des Oldenburger Landesvereins für Geschichte, Natur- und Heimatkunde. Auch das Verhältnis zwischen Vater Peter Friedrich Ludwig und seinem ältesten Sohn werde thematisiert.
Im Exil erhält Gustl, wie sein Vater ihn häufig nennt, den Titel eines Generalleutnants der russischen Armee und wird zudem Generalgouverneur für Estland. Beides sei durchaus üblich gewesen, sagt Bernd Müller, wenngleich vom Erbprinzen kaum rechte Tätigkeiten erwartet wurden.
Mit Beginn des Russlandfeldzugs Napoleons 1812 wird Paul Friedrich August ins Hauptquartier der Westarmee versetzt und fungiert hier als eine Art Edelmelder (Müller). Auch wenn er ohne rechte Aufgabe geblieben sei, habe er sich durchaus nützlich gemacht, unter anderem als wichtiger Beobachter für Zar Alexander.
Später begleitet er diesen nach Paris und London, unter anderem, um den Wiener Kongress vorzubereiten. Kurzum: Paul Friedrich August nutzt die Zeit, arbeitet, sammelt Erfahrungen auch wenn er es ob seiner Stellung nicht müsste.
Nach einer kurzen Rückkehr nach Oldenburg kehrt er ins estnische Reval, das heutige Tallin, zurück. Hier fand er den Auftrag des Zaren zu einer Agrarreform für Estland nebst Aufhebung der Leibeigenschaft vor. Eigentlich war alles Wesentliche bereits zwischen Zar Alexander und dem Adel ausgehandelt. Dennoch machte sich Paul Friedrich August an die Arbeit und änderte rund 400 Paragraphen, berichtet Bernd Müller.
Seine Arbeit wollte er Alexander unbedingt vorstellen, auch wenn sein Vater ihn drängte, nach Oldenburg zurückzukehren. Doch der Zar weilte auf dem Wiener Kongress. Erst als der Regent zurückgekehrt, die Arbeit für gut befunden und die Reform erlassen worden war, reiste Paul Friedrich August zurück nach Oldenburg.
Damit endet das Buch von Bernd Müller. Es sind die Lehrjahre und die Zeit der Emanzipation vom Vater, die diese Phase im Leben von Paul Friedrich August kennzeichnen. Bernd Müller hat diese sachlich, kritisch und scharfsinnig analysiert, dabei jedoch nicht die nötige Empathie für den Protagonisten vernachlässigt, sagt Rudolf Holbach. Das Buch ermöglicht auf 90 Seiten einen Blick auf die Entwicklung der Persönlichkeit und das des Wirkens des späteren Großherzogs.
Das neue Buch ist als Band 31 der Oldenburger Forschungen Neue Folge, herausgegeben im Auftrag des Oldenburger Landesvereins, im Oldenburger Isensee Verlag erschienen und überall im Buchhandel erhältlich. Mehr über die Reihe unter www.oldenburger-landesverein.de.
Quelle: Huntereport
Ein Erbprinz in Russland
Oldenburger Historiker und Buchautor Bernd Müller hat bislang unbearbeitete Quellen erforscht
Dr. Bernd Müller (rechts) stellte mit Prof. Dr. Rudolf Holbach und Caroline, königliche Hoheit von Oldenburg, sein neues Buch vor. Bild: Zempel-Bley
Erneut hat der Oldenburger Historiker Dr. Bernd Müller ein weiteres Buch über das Haus Oldenburg vorgelegt. In seinem jüngst vorgestellten Buch Erbprinz Paul Friedrich August von Holstein-Oldenburg in Russland 1811 1816 geht es um die Tätigkeiten des Erbprinzen in Russland.
Ein Thema, das bislang in der Forschung noch keine Beachtung gefunden hat, sagt Prof. Dr. Rudolf Holbach vom Landesverein Oldenburg, der das Buch herausgegeben hat. Dabei ist die Forschungsgrundlage gut, wie der Autor bestätigt. Seine Untersuchung gründet auf der wissenschaftlichen Auswertung der Originalquellen aus den Jahren 1811 bis 1813, die vor allem im Niedersächsischen Staatsarchiv Oldenburg vorliegen. Allerdings in französischer Sprache.
Bernd Müller hat einen besonderen Werdegang. Der 72-Jährige hat es in seinem Berufsleben bis zum Brigadegeneral gebracht. Nach seiner Pensionierung nahm er unverzüglich ein Geschichtsstudium an der Universität Oldenburg auf. Er machte seinen Magister und entschloss sich danach zu einer Promotion. Ich suchte ein Thema, womit sich noch niemand befasst hat, erzählt er. Im Staatsarchiv bot man ihm daraufhin Militärakten an, doch davon hatte er genug. Dann kam schnell die Sprache auf das Haus Oldenburg, für das er Feuer fing. So schloss er seine Promotion ab, forschte weiter und ist inzwischen Lehrbeauftragter für Geschichte an der Universität Oldenburg.
Über den Erbprinz Paul Friedrich August gibt es keine Biografie, obwohl die Unterlagen in Oldenburg persönliche Akten Augusts aus Russland und den Briefwechsel mit dem Vater des Erbprinzen, Herzog Peter Friedrich Ludwig, enthalten. Aber eben in französischer Sprache. Genau die beherrscht Bernd Müller. Der Autor hat sich mit dem Erbprinz in der Zeit des Exils in Russland befasst. Paul Friedrich August folgte während der französischen Annexion des Oldenburger Landes seinem Vater Herzog Peter Friedrich Ludwig von Holstein-Oldenburg ins Exil nach Russland.
Dort wirkte er im russischen Hauptquartier als Generalleutnant bis zur Verbannung Napoleons und kehrte nach einer Zwischenetappe beim Wiederaufbau des Herzogtums Oldenburg für weitere zwei Jahre nach Russland zurück. Zar Alexander I. berief ihn zum Generalgouverneur von Estland, wo er eine Agrarreform durchsetzte, die die Aufhebung der Leibeigenschaft estländischer Bauern zum Ziel hatte.
Die erhaltene Korrespondenz und weitere Archivalien erlaubten mir eine Rekonstruktion dieses Geschichtsabschnitts und ermöglichten einen Blick auf die Entwicklung der Persönlichkeit und des Wirkens von Paul Friedrich August, sagt Bernd Müller. Der Erbprinz erlebt in seinen Lehrjahren so etwas wie eine Selbstfindung, kann sich von seinem Vater emanzipieren. Den Erbprinz, der später von 1829 bis 1853 das Großherzogtum Oldenburg regierte, bezeichnet Müller als gutmütigen Herrn, der sich in Russland nützlich machte, aber nicht wirklich eine Rolle spielte.
Das Buch schließt eine Lücke in der vorhandenen Historiografie. Es wird nicht das letzte sein, denn die Quellenlage ist gut und Bernd Müller sagt von sich: Ich will meine Finger auf Papier legen, das damals beschrieben wurde. Wann sein nächstes Werk erscheint, weiß er noch nicht. Aber es wird ein weiteres geben, da ist er sicher.
Quelle: Kreiszeitung Wesermarsch